
Interview Bayern Magazin | Nr. 16 | 06. Mai 2017
Nach Ende dieser Bundeligasaison finden in der Allianz Arena umfangreiche Baumaßnahmen statt, unter anderem werden die Videowände und die Flutlichtanlage ausgetauscht. Jürgen Muth, Geschäftsführer der Allianz Arena München Stadion GmbH, erläutert im Interview mit dem Bayern-Magazin die anstehenden Investitionen.
Herr Muth, in der anstehenden Sommerpause wird es umfassende Umbauarbeiten in und um die Allianz Arena geben. Was haben Sie geplant?
Das Auffälligste werden mit Sicherheit die neuen LED-Videowände sein. Diese sind mit jeweils rund 200 Quadratmetern Fläche doppelt so groß wie bisher – und damit auch die größten Videowände Europas. Die gab es bislang im Londoner Wembley-Stadion. Was die Fans in den Kurven freuen dürfte: Wir installieren auf den Rückseiten auch noch jeweils eine kleinere Videowand mit knapp 35 Quadratmetern, damit man künftig auch im Oberrang der Südkurve und Nordkurve auf die Screens sehen kann. Bislang gab es rund 400 Plätze, von denen aus die Videowand auf der gegenüberliegenden Seite leider nicht oder nicht komplett zu sehen war. Die Videowände sind technisch auf dem allerneuesten Stand, mit dem geringsten Pixelabstand, den es bei so einer Größe weltweit gibt. Unsere bisherigen Videowände haben bei einer Fläche von 100 Quadratmetern einen Pixelabstand von 25 Millimetern – bei den neuen Wänden beträgt der Abstand gerade einmal sechs Millimeter. Damit bewegen wir uns im Ultra HD-Bereich und sollten für die nächsten Jahre technisch auf einem Topniveau sein.
Können Sie etwas über die Kosten verraten?
Die Investition beläuft sich hier auf rund zwei Millionen Euro, aber ich denke, dass dieses Geld als Service für unsere Fans und Gäste sehr gut angelegt ist. Insgesamt verbauen wir in der Sommerpause in zehn Wochen rund zehn Millionen Euro.
Es soll auch ein neues Flutlicht installiert werden.
Richtig. Hintergrund ist der, dass sowohl die nationalen als auch die internationalen Verbände die Anforderungen noch einmal erheblich erhöht haben und es nun unterschiedliche Stufen gibt, die es zu erfüllen gilt. Wir orientieren uns an dem höchsten Level „Elite A“, was unter anderem dazu berechtigt, sich für ein Champions League-Finale zu bewerben. Hinzu kommen die vier Partien bei der Europameisterschaft 2020, die in der Allianz Arena ausgetragen werden und dann mögliche Spiele der Euro 2024, die hoffentlich an Deutschland vergeben wird.
Was ist der Vorteil der neuen Flutlichtanlage?
Wir haben bislang eine Beleuchtungsstärke von etwa 1.400 Lux und steigern uns auf 2.200 Lux – das heißt, wir werden rund 50 Prozent helleres Licht haben. Gleichzeitig verringern wir durch die LED-Technologie unseres Partners Philips den Stromverbrauch signifikant und haben zudem die Möglichkeit, mit dem neuen Licht Showeffekte zu generieren. Im Gegensatz zu herkömmlichem Flutlicht kann man LED so oft ein- und ausschalten, wie man möchte, es lässt sich dimmen und man kann es flackern lassen. Und wir werden eine Entertainment-Beleuchtung einbauen, die sich farblich verändern und mit allen weiteren Komponenten wie dem Sound und der LED-Bande verbinden lässt. Ich freue mich jetzt schon darauf, wenn wir das erste Mal vor einem Abendspiel das Licht herunterfahren und Stephan Lehmann in einem Lichtkegel die Mannschaftsaufstellung präsentiert.
Ab wann soll mit dem Umbau begonnen werden?
Geplant ist der Start für den 22. Mai – wir hoffen nicht, dass der TSV 1860 danach noch in der Relegation spielen muss. Es ist für das neue Licht eine sehr aufwändige Konstruktion nötig, da wir die Schweinwerfer an neuen Positionen montieren müssen. Es wird weniger Licht von oben nach unten geben, dafür deutlich mehr von hinten nach vorne. Die vertikale Beleuchtung der Spieler muss erheblich verstärkt werden, das wäre mit der bestehenden Anlage nicht mehr möglich. Deswegen hängen wir acht große Stahlträger unter das Dach, an denen anschließend die Stahlträger für die Beleuchtung befestigt werden. Und weil wir nicht mit einem Kran arbeiten können, müssen alle Stahlträger per Hand die Treppen hochgetragen oder über kleine Hilfsgeräte hochgerollt werden, nachdem wir vorher große Gerüste zur Montage im Oberrang aufgebaut haben.
Wird sich auch außerhalb der Arena etwas verändern?
Ja, unter anderem wird das Orientierungssystem grundlegend erneuert. Jeder Besucher, egal ob er mit der U-Bahn, dem Auto oder dem Fanbus kommt, wird künftig zunächst zu seinem „Kern“ geleitet. Das sind Buchstaben, mit denen die Treppenhäuser versehen werden. Wenn man seinen „Kern“ erreicht hat, steht man unmittelbar vor seinem Block oder – wenn es in den Oberrang geht – an der richtigen Kaskadentreppe. Ziel ist, dass man nach den Zugangskontrollen sofort den schnellsten Weg zum Platz gezeigt bekommt. Auch die Medien-Arbeitsbedingungen werden deutlich verbessert, da wir den TV-Compound mit einem wasserdurchlässigen Belag asphaltieren. Bislang standen die Übertragungswägen bei Regen manchmal in Pfützen. Und dann wird es noch eine Änderung für unsere Hospitality-Gäste geben, denn statt bislang zwei gibt es ab der nächsten Saison vier Welcome Zonen, nämlich zusätzlich zu Ost und West noch die Welcome Zonen Süd und Nord.
Warum ist dies nötig?
Wir belegen bei großen Spielen sämtliche Außenfoyers, Event- und Presenterboxen und kommen dabei mittlerweile auf 6.500 bewirtschaftete Hospitality-Gäste. Zum Vergleich: Als die Allianz Arena 2005 eröffnet wurde, waren es noch 4.500 Hospitality-Gäste – wir haben uns also auch hier um fast 50 Prozent gesteigert. Um unserem Qualitätsanspruch dennoch weiterhin gerecht zu werden, bauen wir nun die größte Stadionküche Europas mit gut 2.500 Quadratmetern, in der künftig bis zu 120 Köche arbeiten werden. Es wird bereits jetzt schon von unserem Caterer Do & Co alles frisch in der Arena produziert und nichts Vorgefertigtes gekauft. Selbst Gemüse wird erst frisch in der Arena verarbeitet und geschnitten. Ich denke, mit der Qualität unseres Caterings spielen wir absolut in der Champions League.
Immer wieder kommt bei den Fans der Wunsch einer überdachten Esplanade auf. Gibt es hierzu auch Überlegungen?
Ja, wir planen derzeit die komplette Esplanade neu. Das Thema wird aber frühestens für den Sommer 2018 aktuell, da hier auch intensive Gespräche mit den Genehmigungsbehörden geführt werden müssen. Wir wollen zum einen durch eine Überdachung den Komfort bei den Zugängen vergrößern, zum anderen die Sicherheit weiter erhöhen. Bereits jetzt im Sommer verbauen wir vor den Zugängen im Süden und Norden eine aufwändige Pollerlösung und reagieren damit auf die Terroranschläge in Nizza und Berlin. Durch die Poller wird verhindert, dass Schwerlastfahrzeuge durchbrechen und in die wartenden Besucher rasen könnten.
Wie sieht es mit dem geplanten neuen Zugang für Gästefans von der U-Bahn aus?
Von der Stadt München liegt die Zusage vor, dass wir noch in diesem Monat die Genehmigung für den neuen Zugang West in Verbindung mit der dann dauerhaften Kapazitätsaufstockung auf 75.000 Besucher erhalten. Wir würden dann ab Ende dieses Jahres mit dem Neubau beginnen und planen die Fertigstellung des Eingangs West sowie des neuen Parkhauses mit 1.275 PKW-Stellplätzen für Sommer 2019.
Herr Muth, nachdem Sie es bereits angesprochen haben, die letzte Frage: Wann bewirbt sich die Allianz Arena für das nächste Finale der Champions League?
Wir wissen von den Verantwortlichen der UEFA, dass wir mit dem Finale 2012 ein „benchmark“ gesetzt haben. Es gibt in Europa nur wenige Städte und Stadien, die sämtliche Anforderungen für dieses Endspiel erfüllen. Deswegen bin ich mir ziemlich sicher, dass wir innerhalb der nächsten zehn Jahre wieder ein Finale ausrichten dürfen – und dann hoffentlich gewinnen (lacht).
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